28. Mai 2024

Kündigungsfristen bei Arbeitern – ein Update

Wie bereits zu Jahresbeginn informiert, gelten seit 1. Oktober 2021 für Arbeiter im Grundsatz dieselben gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine wie für die Angestellten, also je nach Dienstzeit sechs Wochen bis fünf Monate, wobei das Dienstverhältnis zum Quartalsende enden muss oder – falls im Kollektivvertrag, im Dienstvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vorgesehen – auch zum 15. oder Letzten des Monats enden kann.

Für Branchen, in denen Saisonbetriebe österreichweit überwiegen, können durch Kollektivvertrag allerdings weiterhin kürzere Kündigungsfristen geregelt werden („Saisonprivileg“). Diese „Sonderbestimmung“ sorgt seit Jahren für Verunsicherung. Auch zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zum Hotel- und Gastgewerbe haben bislang keine Klärung gebracht.

Vor kurzem hat der Oberste Gerichtshof sogar einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung des § 1159 ABGB gestellt, da er die Regelung des § 1159 ABGB für verfassungswidrig hält. Die Bedenken richten sich darauf, dass die derzeitige gesetzliche Regelung dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot (Rechtsstaatsprinzip) und dem Gleichheitsgrundsatz widerspräche.

Betroffen ist nicht nur das Hotel- und Gastgewerbe. Es drohen auch in vielen anderen Branchen erhebliche Auswirkungen für die Zukunft, wie etwa für jene Branchen, in denen sich die KV-Parteien eigentlich schon längst auf die Anwendung des „Saisonprivilegs“ geeinigt hatten (z.B. Baugewerbe bzw. Bauindustrie, oder Gütertransportgewerbe).

Je nachdem, wie der Verfassungsgerichtshof letztlich entscheiden wird, sind für die Zukunft folgende Szenarien denkbar:

1. Aufhebung § 1158 ABGB

Durch die Aufhebung der gesamten Kündigungsregelung droht allen Branchen die Rückkehr zur alten Gesetzeslage vor dem 01.10.2021. Bei den Arbeitern würde dadurch – sowohl für betriebs- als auch arbeitnehmerseitige Kündigungen – wieder eine gesetzliche Kündigungsfrist von 14 Tagen gelten.

2. Teilweise Aufhebung des § 1159 ABGB

Sollte nur das in § 1159 ABGB enthaltene „Saisonprivileg“ aufgehoben werden, würde dies in allen Branchen dieselbe Gesetzeslage für Kündigungen bei Arbeitern wie für Angestellte herbeiführen. Kollektivvertragliche Verschlechterungen zulasten der Arbeiter wären – mit Ausnahme der Verankerung des 15. und Letzten des Monats als Kündigungstermin für den Arbeitgeber – dann gegenüber dem Gesetz nicht mehr zulässig. Die Kompetenz der KV-Parteien zur Festlegung abweichender Kündigungsregelungen für saisongeprägte Branchen würde ersatzlos wegfallen. Das hätte zur Folge, dass alle darauf aufbauenden KV-Regelungen (wie z.B. Baugewerbe, Gütertransportgewerbe, etc.) ihre Wirksamkeit verlieren würden.

3. Ablehnung des Antrages

Lehnt der Verfassungsgerichtshof den Antrag ab, gilt § 1159 ABGB samt „Saisonprivileg“ weiterhin, wodurch für Branchen, in denen die Anwendbarkeit des „Saisonprivilegs“ strittig ist (insbesondere für das Hotel- und Gastgewerbe) die Rechtsunsicherheit bei Kündigungen von Arbeitern fortgesetzt wird.

4. Hinweis

In Fachkreisen wird mit einer Entscheidung im Herbst 2024 gerechnet.

5. Praxistipp

Derzeit ist bei Beendigung von Arbeiter-Dienstverhältnissen Folgendes zu empfehlen:

  • In Branchen, in denen das „Saisonprivileg“ seitens der KV-Parteien bejaht wird (z.B. Baugewerbe, Gütertransportgewerbe etc.), können die Arbeitgeber bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ohne größeres Risiko die kollektivvertraglichen Kündigungsregelungen anwenden. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Entscheidung rückwirkend umgesetzt werden muss.
  • In jenen Branchen, in denen die Anwendbarkeit des „Saisonprivilegs“ strittig ist (insbesondere im Hotel- und Gastgewerbe), sollte versucht werden, auf einvernehmliche Auflösungen „auszuweichen“. Falls dies im Einzelfall mangels Zustimmung des Arbeitnehmers nicht in Frage kommt, ist es bis auf weiteres sinnvoll, Kündigungen vorsichtshalber unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu einem gesetzlich zulässigen Kündigungstermin auszusprechen (insbesondere zur Vermeidung des Risikos einer Kündigungsentschädigung).

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