19. April 2022

Arbeitsrecht

Teilzeitbeschäftigte und deren arbeitsrechtliche Ansprüche

Teilzeitbeschäftigung ist nicht zuletzt aufgrund des „work-life-balance“ Trend ein beliebtes Beschäftigungsmodell. Auf welche arbeitsrechtlichen Ansprüche Sie zu achten haben, erfahren Sie im nachstehenden Beitrag.

Gesetzliche Definition von Teilzeitbeschäftigung

Teilzeitbeschäftigung liegt grundsätzlich dann vor, wenn die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden oder eine durch Kollektivvertrag festgelegte kürzere Normalarbeitszeit im Durchschnitt unterschreitet.

Alle gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen, die für Vollzeitbeschäftigte gelten, finden auch auf Teilzeitbeschäftigte Anwendung.

Darüber hinaus dürfen Teilzeitbeschäftigte wegen ihrer Teilzeitarbeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht benachteiligt werden. Das bedeutet, dass freiwillig geleistete Sonderzahlungen, Prämien und Zulagen zumindest in jenem Ausmaß zu gewähren sind, das dem Verhältnis von regelmäßig geleisteter Teilzeit zur Normalarbeitszeit entspricht.

Mehrarbeit und Überstunden

Mehrarbeit liegt dann vor, wenn ein Teilzeitbeschäftigter über das vereinbarte Ausmaß der wöchentlichen Normalarbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen erbringt.

Diese Mehrarbeit ist von jener zu unterscheiden, die sich aus der Differenz zwischen gesetzlicher und kollektivvertraglich normierter Normalarbeitszeit (zum Beispiel 38,5 Stunden) ergibt.

Für die Mehrarbeitsstunden von Teilzeitbeschäftigten gebührt nach dem Gesetz grundsätzlich ein Zuschlag von 25 Prozent des auf die Arbeitsstunde entfallenden Normallohnes.

Mehrarbeitsstunden sind nicht zuschlagspflichtig, wenn

  • diese innerhalb eines Kalendervierteljahres oder eines anderen festgelegten Zeitraumes von drei Monaten, in dem sie angefallen sind, durch Zeitausgleich im Verhältnis 1:1 ausgeglichen werden,
  • bei gleitender Arbeitszeit die vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt nicht überschritten wird bzw.
  • in der Gleitzeitvereinbarung vorgesehen ist, dass am Ende einer Gleitzeitperiode bestehende Zeitguthaben (Mehrarbeitsstunden) in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden können.

Darüber hinaus kann der Kollektivvertrag statt eines Mehrarbeitszuschlages von 25 Prozent einen Zeitausgleich im Verhältnis 1:1,25 oder 1:1 mit der Auszahlung des Zuschlages vorsehen.

Sieht ein Kollektivvertrag für Vollzeitbeschäftigte eine kürzere wöchentliche Normalarbeitszeit als 40 Stunden vor und wird für die Differenz zwischen kollektivvertraglicher und gesetzlicher Normalarbeitszeit kein Zuschlag oder ein geringerer Zuschlag als 25 Prozent festgesetzt, sind Mehrarbeitsstunden von Teilzeitbeschäftigten im selben Ausmaß zuschlagsfrei bzw. mit dem geringeren Zuschlag abzugelten.

Neben Mehrarbeitsstunden können bei Teilzeitbeschäftigten auch Überstunden anfallen. Überstundenarbeit liegt vor, wenn die bzw. der Teilzeitbeschäftigte die für Vollzeitkräfte am jeweiligen Wochentag geltende Normalarbeitszeit oder die wöchentliche Normalarbeitszeit überschreitet.

Verpflichtung zu Mehrarbeit

Teilzeitbeschäftigte sind zur Arbeitsleistung über das vereinbarte Arbeitszeitausmaß (Mehrarbeit) nur insoweit verpflichtet, als

  • gesetzliche Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder der Arbeitsvertrag dies vor­sehen,
  • ein erhöhter Arbeitsbedarf vorliegt oder die Mehrarbeit zur Vornahme von Vor- und Abschlussarbeiten erforderlich ist und
  • berücksichtigungswürdige Interessen der bzw. des Teilzeitbeschäftigten (zum Beispiel Kinderbetreuung) der Mehrarbeit nicht entgegenstehen.

VORSICHT bei Änderung des Arbeitszeitausmaßes

Für die Praxis besonders bedeutsam ist die gesetzliche Bestimmung, wonach die Änderung des Ausmaßes der regelmäßigen Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten der Schriftform unterliegt.

Eine allenfalls erforderliche Änderungsmeldung bei der ÖGK ersetzt die erforderliche schriftliche Vereinbarung nicht!

Wenn daher eine lediglich mündliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vorliegt, besteht das Risiko späterer Beanstandungen. Der Arbeitnehmer könnte geltend machen, dass

  • die mündliche Erhöhung der Arbeitszeit unwirksam war und daher Mehrarbeitszuschläge nachzuzahlen sind,
  • die mündliche Herabsetzung der Arbeitszeit unwirksam war und daher das Gehalt bzw. der Lohn auf Basis der vorigen Arbeitszeit nachzuzahlen ist.

Neben diesen arbeitsrechtlichen Risiken kann es außerdem im Rahmen einer Lohnabgabenprüfung zu Beitragsnachforderungen kommen.

Sonderzahlungen

Die Höhe der Sonderzahlung richtet sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Kollektivvertrages, der für Teilzeitbeschäftigte explizite Regelungen vorsehen kann.

Insbesondere für den Wechsel von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung (oder umgekehrt) ist entweder ­eine stichtagsbezogene Ermittlung oder eine Mischberechnung möglich. Sollte keine Regelung vorhanden sein, ist eine Mischberechnung vorzunehmen.

Leistet der Teilzeitbeschäftigte regelmäßig Mehrarbeit, sind Mehrarbeitsstunden bei der Bemessung der Sonderzahlungen zu berücksichtigen, sofern sie nicht als Zeitausgleich konsumiert wurden.

Urlaub

Auch Teilzeitbeschäftigte unterliegen den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes, wonach pro Jahr ein Urlaubsanspruch von 30 Werktagen/25 Arbeitstagen bzw. fünf Wochen (nach Vollendung des 25. Arbeitsjahres 36 Werktage/30 Arbeitstagen bzw. sechs Wochen) besteht.

Wird nur an einigen Tagen in der Woche gearbeitet, darf eine wert­neutrale Umrechnung erfolgen. Bei einem wöchentlichen Arbeitseinsatz an drei Tagen würde sich zum Beispiel ein Urlaubsanspruch von 15 Arbeitstagen (= 5 Urlaubswochen x 3 Arbeits­tage) errechnen.

Bei einem Wechsel von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung (oder umgekehrt) ist ein noch unverbrauchtes Urlaubsguthaben aus der vorangegangenen Arbeitsphase der geänderten Arbeitszeit anzupassen.

Beispiel: Ein Dienstnehmer arbeitet 40 Stunden die Woche, verteilt auf fünf Arbeitstage. Er reduziert sein Arbeitszeitausmaß auf 20 Stunden die Woche, verteilt auf drei Tage. Zum Zeitpunkt der Änderung besteht ein Resturlaub von 10 Arbeitstagen.

Lösung: Die 10 Arbeitstage (= 2 Urlaubswochen) entsprechen bei der Änderung auf Teilzeit 6 Arbeitstagen (3 Tage pro Woche x 2 Urlaubswochen oder 10 Resturlaubstage / 5 bisherige Beschäftigungstage x 3 Beschäftigungstage).

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