30. September 2019
Arbeitsrecht
Krankenstand und Urlaub
Die Sommermonate wurden bei den meisten Arbeitnehmern für einen Urlaub genutzt. Eine im Urlaub auftretende Erkrankung verhindert aus Sicht des Arbeitnehmers den Urlaubszweck – nämlich Erholung vom Alltag zu finden – sodass die Tage der Erkrankung kein Urlaub waren. Wie diese Thematik rechtlich zu beurteilen ist, stellen wir im folgenden Beitrag dar.
Kenntnis um bevorstehenden Krankenstand – kein Abschluss einer Urlaubsvereinbarung
Der Urlaub hat den Zweck, dem Arbeitnehmer eine Phase der Erholung zu ermöglichen. Deshalb ist in § 4 Abs 2 UrlG festgelegt, dass der Urlaubsantritt nicht für Zeiträume vereinbart werden darf, während deren ein Arbeitnehmer wegen (Berufs-)Krankheit oder Arbeitsunfall an der Arbeitsleistung verhindert ist, sofern diese Umstände bereits bei Abschluss der Vereinbarung – beiden Arbeitsvertragsparteien! – bekannt waren. Kur- und Erholungsaufenthalte, Aufenthalte in Heil- und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen sowie Zeiten, während deren der Arbeitnehmer Anspruch auf Pflegefreistellung oder während deren er sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung (zB Dienstfreistellung) hat, sind einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit gleichgestellt.
Für den Fall, dass dennoch eine solche Urlaubsvereinbarung abgeschlossen wird, ist diese nichtig, da sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Dementsprechend gelten diese Tage auch nicht als Urlaub. Ob der Arbeitnehmer aufgrund der Krankheit oder des Unglücksfalls einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat, ist dabei unerheblich.
Beispiel:
Dem Arbeitnehmer steht ein schon länger geplanter Kuraufenthalt bevor. Sobald er den konkreten Termin bzw Zeitraum der Kur weiß und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, kann für diesen Zeitraum kein Urlaub vereinbart werden.
Erkrankung vor Antritt des Urlaubs
Die Urlaubsvereinbarung bleibt grundsätzlich aufrecht, wenn ein Arbeitnehmer kurz vor Antritt eines mit dem Arbeitgeber schon vereinbarten Urlaubs erkrankt. Wenn die Arbeitsunfähigkeit mit dem Tag vor dem geplanten Urlaubsantritt endet, kann der Arbeitnehmer somit nahtlos vom Krankenstand in den Urlaub gehen.
Ist hingegen absehbar, dass die Arbeitsunfähigkeit in den geplanten Urlaub hineinreicht, stellt dies nach überwiegender Ansicht einen wichtigen Grund zum Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung dar. Es ist anerkannt, dass Umstände, die dem Arbeitnehmer den Urlaubsverbrauch in Hinblick auf dessen Erholungszweck unzumutbar machen, einen wichtigen Grund für den Rücktritt von einer getroffenen Urlaubsvereinbarung abgeben. Einen wichtigen Grund bildet das Vorliegen eines Krankenstandes (oder eines sonstigen Verhinderungsgrundes iSd § 4 Abs 2 UrlG) und berechtigt den Arbeitnehmer daher zum Rücktritt, wobei dieser formlos erklärt werden kann. Die Bekanntgabe des Krankenstandes durch den Arbeitnehmer reicht dementsprechend dafür bereits aus, wenn die aus der Krankmeldung bzw Krankenstandsbestätigung ersichtliche voraussichtliche Dauer des Krankenstandes in den geplanten Urlaubszeitraum hineinreicht.
Praxishinweis: Es empfiehlt sich für Arbeitgeber, beim Arbeitnehmer nachzufragen, ob er von der Urlaubsvereinbarung zur Gänze zurücktreten oder nach Beendigung des Krankenstandes den Rest des vereinbarten Urlaubs in Anspruch nehmen möchte. Bestenfalls sollten sich Arbeitgeber dies auch schriftlich bestätigen lassen.
Erkrankung während des Urlaubs
Wird der Arbeitnehmer während des Urlaubs krank oder verunglückt, werden jene auf Werktage entfallenden Tage der Erkrankung, an denen der Arbeitnehmer durch die Erkrankung arbeitsunfähig war, nicht auf das Urlaubsausmaß angerechnet. Es kommt zur Unterbrechung des Urlaubs, wobei folgende Voraussetzungen zu beachten sind:
- die Erkrankung hat länger als drei Kalendertage gedauert,
- die Erkrankung wurde vom Arbeitnehmer weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt,
- die Erkrankung ist keine Folge einer vom Arbeitnehmer während des Urlaubs ausgeübten, dem Erholungszweck widersprechenden Erwerbstätigkeit und
- der Arbeitnehmer ist seinen Mitteilungs- und Nachweispflichten nachgekommen.
Rechtsfolgen der Urlaubsunterbrechung
Jene Krankheitstage, die auf einen Werktag fallen, werden nicht auf das Urlaubsausmaß angerechnet, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 5 Abs 1 UrlG für die Urlaubsunterbrechung durch einen während des Urlaubs eingetretenen Krankenstand erfüllt sind und der Arbeitnehmer auch seiner Mitteilungs- und Nachweispflicht nachgekommen ist. Wird der Urlaub in Arbeitstagen gerechnet, so erstreckt sich die Wirkung des § 5 Abs 1 UrlG auf die im Urlaubszeitraum liegenden Arbeitstage.
Beispiel:
Arbeitnehmer hat Urlaub für die letzten beiden Juli-Wochen und die erste August-Woche 2019 vereinbart (22.7.2019 bis 11.8.2019 = 21 Kalendertage bzw 18 Werktage bzw 15 Arbeitstage bei 5-Tage-Woche im Betrieb).
- Der Arbeitnehmer erkrankt am 24.07.2019 (Mittwoch), der Krankenstand dauert nur bis zum nächsten Tag (Donnerstag, 25.07.2019) ? Der Urlaub wird nicht gekürzt.
- Der Arbeitnehmer erkrankt am 26.07. 2019 (Freitag), wobei der Krankenstand bis inklusive Montag, 29.07.2019, dauert ? Da der Krankenstand insgesamt 4 Kalendertage (Freitag bis Montag) gedauert hat, kürzen die darin liegenden 3 Werktage (Freitag, Samstag sowie Montag) den Urlaubsverbrauch (Urlaubsverbrauch somit nicht 18, sondern nur 15 Werktage). Berechnung in Arbeitstagen: Kürzung um 2 Arbeitstage (Freitag und Montag).
- Der Arbeitnehmer erkrankt am 09.08.2019 (Freitag), wobei der Krankenstand bis inkl Mittwoch, 14.08.2019, dauert ? Der Krankenstand hat insgesamt 6 Kalendertage (Freitag bis Mittwoch) gedauert. Obwohl nur 3 Kalendertage des Krankenstandes auch im Urlaubszeitraum liegen, wird der Urlaubsverbrauch dennoch gekürzt, und zwar um die beiden im Urlaubszeitraum liegenden 2 Krankenstands-(werk-)tage Freitag und Samstag (Urlaubsverbrauch somit nicht 18, sondern nur 16 Werktage). Berechnung in Arbeitstagen: Kürzung um 1 Arbeitstag (Freitag).
Bitte beachten Sie Folgendes:
Der Urlaub dauert bis zu dem mit dem Arbeitgeber als Urlaubsende vereinbarten Termin fort, auch wenn der Arbeitnehmer noch während des Urlaubs wieder gesund (und arbeitsfähig) wird. Es kommt zu keiner automatischen Verlängerung des Urlaubs um die Tage der Krankheit. Die „nicht konsumierten“ Urlaubstage dürfen daher vom Arbeitnehmer nicht (eigenmächtig) an den Urlaub angeschlossen werden, sondern ist für den Verbrauch des durch die Erkrankung übrig bleibenden Teils des Urlaubs wiederum eine (neue) Vereinbarung mit dem Arbeitgeber notwendig. Der Arbeitgeber hat also seinen Dienst entsprechend der ursprünglichen Urlaubsvereinbarung mit dem ersten Arbeitstag nach dem Urlaubsende wieder anzutreten. sofern nicht noch während des Urlaubs eine Verlängerung mit dem Arbeitgeber vereinbart wird.
Urlaubsentgelt und Urlaubszuschuss
Gelten einzelne Tage des Urlaubs als Krankenstand, richtet sich der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers für diese Tage nach den für Krankenstände einschlägigen Bestimmungen (insbesondere § 8 AngG bzw §§ 2 f EFZG). Daher ist ein dem Arbeitnehmer bereits bezahltes Urlaubsentgelt mit dem Anspruch auf Krankenentgelt zu verrechnen. Der Arbeitgeber kann den zu viel bezahlten Betrag an Urlaubsentgelt zurückfordern, wenn der Arbeitnehmer für die Verhinderungstage keinen Entgeltanspruch mehr oder nur mehr Anspruch auf ein Teilentgelt hat. Ist der Urlaubszuschuss erst mit dem Urlaubsantritt fällig und wurde dieser an den Arbeitnehmer bereits ausbezahlt, ist – ungeachtet der Urlaubsunterbrechung – der Urlaubszuschuss nicht zurückzuzahlen, da der Anspruchsgrund nicht weggefallen ist.
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