29. September 2023

Geplante Gesetzesänderungen

Eine EU-Richtlinie macht Änderungen bei der Elternkarenz, der Elternteilzeit, der Pflegefreistellung und in einigen anderen Bereichen erforderlich (Richtlinie (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige).

Ein kürzlich im Parlament eingebrachter Initiativantrag sieht folgende Maßnahmen vor:

  • zwei unübertragbare Monate Karenz pro Elternteil, weshalb Anspruch auf volle Karenzdauer nur noch bei Karenzteilung oder Alleinerziehern besteht;
  • Erweiterung der Pflegefreistellung;
  • Erweiterung des Diskriminierungsschutzes im Gleichbehandlungsgesetz;
  • Verdoppelung des Familienzeitbonus

Das Parlament wird die Gesetzesnovelle im Anschluss an die Begutachtungsphase voraussichtlich im Herbst beschließen, wobei das In-Kraft-Treten rückwirkend mit 01.08.2023 geplant ist.

Nachfolgend haben wir Ihnen die wichtigsten für die Praxis bedeutsamen Änderungen kompakt zusammengefasst:

1. Änderungen im Mutterschutzgesetz und Väter-Karenzgesetz

Die Gesetzesänderungen sollen laut dem Entwurf für Geburten (Adoptionen, Inpflegenahmen) rückwirkend mit 01.08.2023 anwendbar sein.

Volle Elternkarenz nur noch bei Karenzteilung oder Alleinerziehern

Anspruch auf volle Karenzdauer bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr des Kindes soll es künftig nur mehr dann geben, wenn jeder Elternteil mindestens zwei Monate in Karenz geht. Nimmt hingegen nur einer der beiden Elternteile Karenz, soll der Karenzanspruch schon mit Ablauf des 22. Lebensmonats des Kindes enden (also zwei Monate früher als bisher). Von dieser gesetzlichen Karenzkürzung sollen nur Alleinerziehende ausgenommen sein, d.h. wenn kein anderer Elternteil vorhanden ist oder der andere Elternteil nicht im selben Haushalt lebt. Für den Status „alleinerziehend“ kommt es auf den Zeitpunkt der Karenzmeldung an.

Für die betriebliche Praxis bedeutet das hinkünftig: Wünscht eine Person Elternkarenz in voller Dauer (also länger als bis zum 22. Lebensmonat des Kindes), muss sie dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass sie alleinerziehend ist. Bei Nichtvorlage einer schriftlichen Bestätigung ist der Arbeitgeber berechtigt, die Gewährung der Karenz mit dem 22. Lebensmonat zu begrenzen (Pflicht zum Dienstantritt daher schon 22 Monate nach der Geburt des Kindes). Gestattet der Arbeitgeber in solchen Fällen dennoch eine Karenz auch für den 23. und 24. Lebensmonat, so handelt es sich arbeitsrechtlich gesehen um eine vertraglich vereinbarte Karenzierung.

Änderungen bei der aufgeschobenen Karenz

Bei der – in der Praxis eher selten vorkommenden – „aufgeschobenen Karenz“ (Mutter und Vater können jeweils drei Monate der Karenz für später aufheben, maximal bis zum siebenten Lebensjahr des Kindes) gibt es zwei Änderungen:

  1. Der Arbeitgeber muss, wenn er den Wunsch auf Karenzaufschiebung ablehnt, diese Ablehnung schriftlich begründen.
  2.  Zudem wird ein neuer Motivkündigungsschutz geschaffen: Eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich geltend gemachten aufgeschobenen Karenz kann als motivwidrige Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Vor Einbringung der Klage kann der/die Arbeitnehmer/in vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen, um die Prozesschancen besser einschätzen zu können.

Ablaufhemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen

Im Mutterschutzgesetz und im Väter-Karenzgesetz soll jeweils eine neue Regelung eingefügt werden, wonach der Ablauf von gesetzlichen, kollektivvertraglichen und dienstvertraglichen Verjährungs- und Verfallsfristen für bei Karenzbeginn bereits erworbene Ansprüche bis zwei Wochen nach Ende der Karenz gehemmt wird. Damit soll sichergestellt werden, dass die mit der Kleinkindbetreuung belasteten Mütter oder Väter während der Karenz keine davor zustehenden Ansprüche durch Verjährung oder Verfall verlieren.

Elternteilzeit bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes

Etwas umständlich ist die geplante Ausweitung des äußersten Zeitrahmens für Elternteilzeiten vom siebenten auf das achte Lebensjahr des Kindes geregelt, welche sowohl die Anspruchsvariante  (dreijährige Betriebszugehörigkeit + Betrieb mit mehr als 20 AN) als auch die Vereinbarungsvariante (weniger als drei Jahre Betriebszugehörigkeit oder Betrieb mit max. 20 AN) betrifft.

Elternteilzeit soll demnach künftig möglich sein

  • bis zum Ablauf des achten Lebensjahres des Kindes (Rahmenzeitraum),
  • innerhalb dieses Zeitrahmens allerdings im Ausmaß von höchstens sieben Jahren, wobei vom siebenjährigen Höchstausmaß die Zeit des Beschäftigungsverbotes (Mutterschutz) nach Geburt und Karenzzeiten für dasselbe Kind abgezogen werden.

Das Ziel besteht anscheinend darin, einerseits die Vorgabe der EU-Richtlinie („bis zum Alter von acht Jahren“) in formaler Hinsicht zu erfüllen, andererseits aber die Elternteilzeit de facto (circa) ohnehin wieder mit dem siebenten Lebensjahr zu begrenzen.

Zur Veranschaulichung:

Geburt 03.12.2023, Mutterschutz nach der Geburt: bis 28.01.2024 (56 KT)
Karenz der Mutter: 29.01.2024 bis 03.10.2025 (614 KT)
Karenz des Vaters: 04.10.2025 bis 03.12.2025 (61 KT)
Gewünschte Elternteilzeit (Mutter und/oder Vater): ab 04.12.2025 bis ???

Lösung: Elternteilzeitanspruch: 7 Jahre = 2.557 KT (unter Einrechnung von 2 darin liegenden Schaltjahren: 365 * 7 + 2 = 2.557), wobei Mutterschutzzeit nach Geburt und Karenzen beider Elternteile abgezogen werden: 2.557 KT – 56 KT – 614 KT – 61 KT = 1.826 KT
Ausgehend vom 04.12.2025 (Elternteilzeitbeginn) ist Elternteilzeit bis 03.12.2030 möglich (entspricht hier punktgenau dem 7. Geburtstag des Kindes)

Anmerkung: Die Abkürzung KT steht für Kalendertage

Änderung bei Motivkündigung wegen Elternteilzeit nach dem vierten Lebensjahr des Kindes

Die vorstehend beschriebene Änderung zum spätestmöglichen Ende der Elternteilzeit ändert nichts daran, dass der besondere Kündigungsschutz maximal bis zum Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes (plus vier Wochen Behaltefrist) läuft. Dauert eine Elternteilzeit länger als bis zum vierten Geburtstag (oder beginnt sie erst danach), kann eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich konsumierten Elternteilzeit beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Diesen Motivkündigungsschutz gab es schon bisher. Neu ist, dass der Arbeitgeber künftig auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin die Kündigung schriftlich begründen muss. Durch die schriftliche Begründung soll es dem/der Arbeitnehmer/in ermöglicht werden, die Prozesschancen besser einschätzen zu können. Die Nichtausstellung einer verlangten schriftlichen Kündigungsbegründung hat zwar auf die Rechtswirksamkeit der Beendigung keine Auswirkung, könnte aber im anschließenden Gerichtsprozess ein „schlechtes Licht“ auf den Arbeitgeber werfen.

2. Änderungen im Urlaubsgesetz (betreffend Pflegefreistellung)

Die Gesetzesänderungen sollen laut dem Entwurf rückwirkend mit 01.08.2023 in Kraft treten.

Erweiterung der Pflegefreistellung: Angehöriger ODER Haushaltsmitglied

Die Voraussetzungen für die Pflegefreistellung wegen der notwendigen Pflege einer erkrankten Person (§ 16 Abs. 1 Z. 1 UrlG) werden gelockert:

  • Bei den im § 16 UrlG angesprochenen „nahen Angehörigen“ (Ehegatte, eingetragener Partner, Lebensgefährte, Großeltern, Eltern, Kind, Adoptivkind, Pflegekind, Stiefkind) ist eine Pflegefreistellung künftig auch dann möglich, wenn kein gemeinsamer Haushalt besteht (z.B. Pflege der erkrankten Mutter durch die bereits ausgezogene erwachsene Tochter).
  • Außerdem wird der Kreis der potentiellen „Pfleglinge“ erweitert: Pflegefreistellung soll es auch zur Pflege von Personen im gemeinsamen Haushalt geben, die keine Angehörigen sind (z.B. Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft).

Motivkündigungsschutz bei Pflegefreistellung

Neu eingeführt wird ein Motivkündigungsschutz für Fälle einer Kündigung wegen der beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegefreistellung. Der Arbeitgeber muss auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin eine schriftliche Begründung der Kündigung ausstellen. Die Nichtausstellung einer verlangten schriftlichen Kündigungsbegründung hat zwar auf die Rechtswirksamkeit der Beendigung keine Auswirkung, könnte aber im Falle eines nachfolgenden Gerichtsprozesses ein „schlechtes Licht“ auf den Arbeitgeber werfen.

3. Änderungen im AVRAG

Die Gesetzesänderungen sollen laut dem Entwurf rückwirkend mit 01.08.2023 in Kraft treten.

Begründungspflicht bei Ablehnung von Betreuungsteilzeit, 50plus-Teilzeit, Pflegekarenz/-teilzeit

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Arbeitgeber eine sachliche und schriftliche Begründung abgeben muss, wenn er eine vom Arbeitnehmer beantragte Arbeitszeitreduktion ablehnt, die der/die Arbeitnehmer/in zur Betreuung eines nahen Angehörigen wünscht oder wenn der/die Arbeitnehmer/in schon das 50. Lebensjahr vollendet hat (§ 14 Abs. 1 AVRAG). Ebenso wird eine sachliche und schriftliche Begründungspflicht des Arbeitgebers eingeführt, wenn der Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer bzw. von der Arbeitnehmerin beantragte Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit ablehnt (§ 14c und § 14d AVRAG). Eine Sanktion für die Nichtabgabe einer Begründung ist im Gesetzesentwurf aber nicht vorgesehen.

Hospizkarenz/-teilzeit für schwersterkrankte Kinder auch ohne gemeinsamen Haushalt

Bisher war es für den Anspruch auf Familienhospizkarenz bzw. Familienhospizteilzeit zur Begleitung eines schwersterkrankten Kindes erforderlich, dass ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind besteht. Diese Voraussetzung wird ersatzlos gestrichen. Somit ist künftig auch ein vom Kind getrennt lebender Elternteil (z.B. nach Scheidung) anspruchsberechtigt (§ 14b AVRAG).

Ablaufhemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen

Weiters ist im Gesetzesentwurf eine Ablaufhemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen für Zeiten einer Familienhospizkarenz oder Pflegekarenz vorgesehen. Demnach wird der Ablauf von gesetzlichen,
kollektivvertraglichen und dienstvertraglichen Verjährungs- und Verfallsfristen für die bei Maßnahmenbeginn bereits erworbenen Ansprüche bis zwei Wochen nach Ende der Familienhospizkarenz bzw. Pflegekarenz gehemmt. Damit soll sichergestellt werden, dass die mit einer Sterbebegleitung, der Begleitung eines schwersterkrankten Kindes oder der Pflege eines nahen Angehörigen psychisch belastete Person keine Ansprüche durch Verjährung oder Verfall verliert.

4. Änderungen im Gleichbehandlungsgesetz

Rückwirkend ab 01.08.2023 soll das Gleichbehandlungsgesetz auch auf Diskriminierungen anwendbar sein, bei denen zwar der Diskriminierungsgrund Geschlecht nicht vorliegt, die aber mit

  • Elternkarenz, Elternteilzeit, Papamonat,
  • Pflegefreistellung,
  • dringender familiärer Dienstverhinderung infolge Erkrankung oder Unfall (§ 8 Abs. 3 AngG, § 1154b Abs. 5 ABGB) oder
  • Betreuungsteilzeit (§ 14 Abs. 1 Z. 2 AVRAG)

im Zusammenhang stehen. Damit werden für derartige Fälle einerseits die Rechtsfolgen des Gleichbehandlungsgesetzes (Gleichstellungsansprüche, Schadenersatz etc.) und andererseits die Zuständigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission „aktiviert“.

5. Familienzeitbonus (finanzielle Leistung für den „Papamonat“) wird verdoppelt

Der „Papamonat“ wird vom Krankenversicherungsträger in Form des Familienzeitbonus finanziell gefördert. Die Leistung beträgt derzeit € 23,91 täglich (Wert im Kalenderjahr 2023). Um mehr Väter für den „Papamonat“ zu motivieren, soll der Familienzeitbonus für Geburten ab 01.08.2023 auf € 47,82 pro Tag verdoppelt werden.

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