21. April 2020

Die neue „Corona Sonderbetreuungszeit“

Im Rahmen der COVID-19-Gesetze wurde die Möglichkeit einer bis zu dreiwöchigen „Sonderbetreuungszeit“ für betreuungspflichtige Kinder und Behinderte geschaffen. Als Ausgleich für den Entfall der Arbeitsleistung hat der Arbeitgeber Anspruch auf die Vergütung von einem Drittel des fortgezahlten Entgelts durch den Bund

​​​1. Voraussetzungen der Sonderbetreuungszeit

Allgemein

Die Regelung zur Sonderbetreuungszeit ist Teil des Maßnahmenpaketes der Bundesregierung zur COVID-19-Pandemie. Zunächst wurde mit dem neu eingeführten § 18 AVRAG eine Sonderbetreuungszeit für Kinder bis 14 Jahre eingeführt. Weitere Adaptierungen sowie die Ausdehnung der Sonderbetreuungszeit auf Menschen mit Behinderung erfolgten durch das 2. COVID-19-Gesetz. Durch das 3. COVID-19-Gesetz wurde schließlich die Möglichkeit der Sonderbetreuungszeit auch zur Betreuung pflegebedürftiger Angehörige geschaffen.

Kein Rechtsanspruch auf Freistellung

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer jederzeit unter Fortzahlung der Bezüge vom Dienst freistellen. Das Merkmal der Sonderbetreuungszeit nach § 18b AVRAG ist, dass dem Arbeitgeber ein Drittel des fortgezahlten Entgelts vom Bund ersetzt wird. Die Gewährung der Sonderbetreuungszeit ist jedoch eine Entscheidung des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann darum ansuchen, hat aber keinen Rechtsanspruch auf die Freistellung.

Förderungsfähige Personen:

Die Vereinbarung einer geförderten Sonderbetreuungszeit iSd § 18b Abs 1 AVRAG ist möglich für:

  • Arbeiter
  • Angestellte
  • Lehrlinge und
  • Arbeitnehmer, die den jeweiligen Landarbeitsordnungen und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz sowie dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz unterliegen.

Für freie Dienstnehmer, Beamte, Vertragsbedienstete sowie Landes- und Gemeindebedienstete kann keine Förderung beantragt werden.

Die Gründe für eine Sonderbetreuungszeit

Das Gesetz sieht in § 18b AVRAG drei Fälle vor, in denen eine geförderte Sonderbetreuungszeit gewährt werden kann:

Betreuung von Kindern bis 14 Jahre

Die erste Variante der Sonderbetreuungszeit dient dazu, arbeitenden Eltern die Betreuung ihrer unter 14-jährigen Kinder zu ermöglichen, wenn Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen behördlich geschlossen werden.

Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:

  • Die Lehranstalt oder die Kinderbetreuungseinrichtung wurde behördlich geschlossen, wobei eine teilweise Schließung genügt (ein eingeschränktes Betreuungsangebot für die Kinder reicht für die Vereinbarung einer Sonderbetreuungszeit somit bereits aus).
  • Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ist nicht für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich.
  • Es muss sich um die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr handeln, für die eine Betreuungspflicht besteht.

Betreuung von Menschen mit Behinderung

Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit greift gemäß § 18b Abs 1 Z 1 ArbVG auch dann, wenn eine Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen besteht, die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen bzw einer höher bildenden Schule betreut oder unterrichtet werden, und diese Einrichtung oder Lehranstalt aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen wird oder die behinderte Person aufgrund einer freiwilligen Maßnahme der Einrichtung oder der freiwilligen Herausnahme aus der Einrichtung zu Hause betreut wird. Die Sonderbetreuungszeit ist in diesem Fall nicht vom Alter der behinderten Person abhängig.

Weiters kann Sonderbetreuungszeit auch Angehörigen von Menschen mit Behinderungen gewährt werden, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, wenn die persönliche Assistenz in Folge von COVID-19 nicht mehr sichergestellt ist (§ 18b Abs 1 Z 3 AVRAG).

​​Betreuung von pflegebedürftigen Personen

Geförderte Sonderbetreuungszeit kann der Arbeitgeber schließlich gemäß § 18b Abs 1 Z 2 AVRAG auch für Angehörige von pflegebedürftigen Personen zulassen, wenn deren Pflege oder Betreuung in Folge des Ausfalls einer Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz, nicht mehr sichergestellt ist. Dies betrifft Fälle der 24-Stunden-Betreuung und soll gewährleisten, dass auch in den Fällen, dass die bezahlten Pflegekräfte wegen einer eigenen Erkrankung oder aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie die Betreuung nicht länger übernehmen können, die Pflege der Angehörigen gewährleistet ist.

​Subsidiarität der Sonderbetreuungszeit

Die Sonderbetreuungsfreistellung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Dienstfreistellung hat.

Die vorliegenden Schulschließungen werden aus arbeitsrechtlicher Sicht so interpretiert, dass kein Betreuungsnotstand vorliegt und somit auch kein gesetzlicher Anspruch auf Dienstfreistellung gegeben ist.

​Eine Pflegefreistellung gemäß § 16 Abs 1 Z 1 UrlG kommt nicht in Betracht, solange das Kind nicht selbst erkrankt ist. Auch eine Betreuungsfreistellung nach § 16 Abs 1 Z 2 UrlG ist idR nicht möglich, da die Voraussetzungen für die Betreuungsfreistellung – insbesondere der Ausfall der ständigen Betreuungsperson aus bestimmten abschließend im Gesetz aufgezählten Gründen (zB weil diese schwer erkrankt ist) – regelmäßig nicht vorliegen werden.

Zeitliche Befristung

Die 3-wöchige Sonderbetreuungszeit kann derzeit bis zum 31.5.2020 in Anspruch genommen werden.

Praxisfragen

Kann die Sonderbetreuungszeit nur Wochenweise konsumiert werden?

Nein, die Sonderbetreuungszeit kann auch in Form einzelner Arbeitstage gewährt werden.

Kann die Sonderbetreuungszeit von beiden Elternteilen gleichzeitig in Anspruch genommen werden?

Nein. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit durch beide Elternteile ist nicht möglich. In der Regel ist die Betreuung von Kindern durch einen Elternteil ausreichend. Es ist aber möglich, dass zuerst der eine und dann der andere Elternteil Sonderbetreuungszeit in Anspruch nimmt.

Kann ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit sein und gleichzeitig Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen?

Nein. Ebenso kann keine geförderte Sonderbetreuungszeit gewährt werden, wenn sich der betreffende Arbeitnehmer in Kurzarbeit befindet. Davor oder danach kann die Förderung jedoch in Anspruch genommen werden.

Förderung für Arbeitgeber

​Höhe der Förderung

​Der Arbeitgeber hat Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit fortgezahlten Entgelts durch den Bund, gedeckelt mit der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG (2020: € 5.370,-). Darin ist der aliquote Sonderzahlungsanteil bereits enthalten.

Für drei Wochen ergibt sich somit ein maximaler Förderbetrag pro Arbeitnehmer von € 1.253,- (€ 5.370,-/30 Kalendertage x 21 förderbare Kalendertage x 1/3 Vergütung Bund).

Nicht vergütungsfähig sind Dienstgeberabgaben (etwa der Dienstgeberanteil zur SV, der Dienstgeberbeitrag zum FLAF, die Kommunalsteuer oder der Beitrag gemäß BMSVG).

Berechnung des Entgelts

Für die Festlegung des ersatzfähigen Entgelts ist der Begriff des regelmäßigen Entgelts iSd Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) anzuwenden. Dafür sind die Lohn-/Gehaltszettel des betroffenen Zeitraums heranzuziehen. Sind zwei Abrechnungsperioden betroffen, ist der Durchschnitt aus beiden Perioden zu ermitteln.

​Das förderbare Entgelt ergibt sich aus dem Grundlohn/-gehalt zuzüglich:

  • Zulagen
  • Zuschläge
  • Überstundenentgelte, Überstundenpauschalien
  • monatliche Prämien und Provisionen
  • aliquoter Sonderzahlungsanteil (wird pauschal mit einem Sechstel berücksichtigt; dies erfolgt im Antragsformular automatisch!)

Nicht förderbar sind:

  • Fehlgeldentschädigungen, soweit sie von der Einkommensteuer (Lohnsteuer) befreit sind
  • Tages- und Nächtigungsgelder
  • Trennungsgelder
  • Entfernungszulagen
  • Fahrtkostenvergütungen
  • freie oder verbilligte Mahlzeiten oder Getränke
  • die Beförderung der Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten des Arbeitgebers sowie
  • der teilweise oder gänzliche Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

​Beantragung der Förderung

Der Antrag kann ab sofort gestellt werden, spätestens ist er aber binnen sechs Wochen ab dem Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen über die Website der Buchhaltungsagentur des Bundes bzw. über das Unternehmensserviceportal einzubringen.

​Folgende Unterlagen werden im Rahmen der Antragstellung benötigt:

  • Antragsformular
  • Ausgefüllte Excel-Tabelle (Anlage 1) mit den Angaben zu den freigestellten Personen
  • Lohn-/Gehaltszettel des betroffenen Zeitraums sowie der beiden Vormonate aller zur För-derung eingereichten Personen
  • Nachweis über die Konsumation der Sonderbetreuungszeit (z.B. Zeitaufzeichnungen des betroffenen Zeitraums)

Beispiel

Arbeitgeberin A hat mit ihrer Mitarbeiterin B eine Sonderbetreuungszeit von 3 Wochen vereinbart. Die Betreuungszeit beginnt am 1. April und endet am 21. April 2020. Das monatliche Brutto-Entgelt von Mitarbeiterin B beträgt EUR 1.850,00.

Das förderbare Entgelt berechnet sich wie folgt:

Berechnungsformel:
Brutto-Monatsentgelt ÷ 30 Kalendertage x Anzahl der Sonderbetreuungstage = Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil

Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil ÷ 6 = Anteil Sonderzahlung
Förderbares Entgelt exkl. Sonderzahlungsanteil + Anteil Sonderzahlung = Förderbares Entgelt
Förderbares Entgelt ÷ 3 = Rückerstattungsbetrag

Berechnung:
EUR 1.850,00 ÷ 30 Kalendertage x 21 Tage Sonderbetreuungszeit = EUR 1.295,00
EUR 1.295,00 ÷ 6 = EUR 215,83
EUR 1.295,00 + EUR 215,83 = EUR 1.510,83
EUR 1.510,83 ÷ 3 = 503,61

Arbeitgeberin A bekommt also EUR 503,61 rückerstattet.

Im Formular ist lediglich das Brutto-Monatsentgelt EUR 1.850,00 sowie der Zeitraum von 21 Tagen anzugeben. Die weitere Berechnung erfolgt automatisch. Die Abgeltung der anteiligen Sonderzahlungen berücksichtigt das System automatisch mit einem Sechstel des Betrages.

Servicehinweis:

Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung eines Vereinbarungsentwurfs für die Sonderbetreuungszeit sowie bei der Beantragung der Förderung. Bitte kontaktieren Sie dazu Ihren Klientenbetreuer bzw Ihre Klientenbetreuerin.

Beratung und Auskunft per Telefon

Unser Service für Sie!

Für Fragen unserer Klienten sind wir gerne in Graz und in Rosental telefonisch unter +43 5 9798 bzw per Mail unter graz@hoferleitinger.at erreichbar. Klienten der Steuerberatung Feldbach erreichen uns unter der Telefonnummer 03152 4167 0 bzw per Mail unter office@stb-feldbach.at.

Sie sind noch kein Klient? Dann nutzen Sie unser Telefon-Abo! Erfahren Sie hier mehr!